Titel Stanze

Eine Ausbildung am Puls der Zeit

Thomas Ettwein leitet die Staatliche Feintechnikschule seit 2013. In seine Zeit fällt das Leuchtturmprojekt der Lernfabrik 4.0. Sowohl Schüler als auch Unternehmen profitieren. Das Konzept zieht sich durch die ganze Schule. Von Ulrich Schlenker


Bearbeitungszentrum, Förderband, Industrieroboter, QR-Code-Laser und überall Transparenz durch moderne Informationstechnologie – damit entsteht in dieser intelligenten Fabrik ein individualisierter Flaschenöffner ganz nach dem Wunsch des Kunden. Er ist nicht zum Verkauf bestimmt. Die Industrie-4.0-Lernanlage in der Feintechnikschule bereitet Schüler darauf vor, mit einer qualifizierten und zukunftsträchtigen Ausbildung für Firmen aus der Region zu wertvollen Mitarbeitern zu werden.

 

Moderne Ausbildung

Das Gespräch mit dem technikbegeisterten Schulleiter Thomas Ettwein lässt erahnen, dass der Weg von der Idee vor etwa fünf Jahren bis zur Realisierung des Vorzeigeprojekts, das vom Wirtschaftsministerium des Landes und der Allianz 4.0 im Jahr 2019 als ein Leuchtturmprojekt für die Industrie 4.0 ausgezeichnet wurde, nicht immer einfach war. Bald sei klar geworden, dass vom

Land keine Förderung komme. Da hat sich Thomas Ettwein selbst auf Sponsorensuche begeben. „Die Akquise war für mich als Schulleiter eine ungewöhnliche Situation. Aber es gab viele offene Türen“, erinnert sich der Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik. Zahlreiche Kontakte sind dabei hilfreich gewesen, das zeigt der Rückblick. Der Bogen spannt sich dabei von der eigenen Schulzeit am Technischen Gymnasium über den stellvertretenden Vorsitz im Förderkreis der Feintechnikschule bis zur Regionalpolitik. Seit 2004 ist der gebürtige Villinger als Kreisrat der CDU im Kreisausschuss für Bildung und Soziales tätig. „Alle jungen Menschen sollen die Möglichkeit zu einer guten Ausbildung bekommen“, ist Ettwein überzeugt. Eine Kalligrafie in seinem Büro, die aus der Schulpartnerschaft der Feintechnikschule mit einer chinesischen Berufsschule stammt, erweitert den Bildungsgedanken: „Lebenslanges Lernen ist ein nie endender Prozess“, ist in formschöner asiatischer Schriftkunst zu lesen.

Weiterlernen ist für den 58jährigen Oberstudiendirektor ganz gewiss kein Fremdwort. Nach einer Tätigkeit als Entwicklungsingenieur in der Industrie unterrichtet der heutige Pädagoge seit 1993 an der Staatlichen Feintechnikschule. Er verrät, dass er in seiner Schulzeit eine berufliche Vision erhalten habe und bereits im Studium an der Universität in Karlsruhe das Interesse für den Beruf als Gewerbelehrer geweckt worden sei. Dort war ein Doppelstudium damals aber nicht möglich. Gestaltungswille und Teamgeist brauche es für die Umsetzung eines Projekts wie das der Lernfabrik 4.0, sagt Schulleiter Ettwein. Ein hoch motiviertes Kollegium trägt dazu bei, dass sich das pädagogische Konzept durch die ganze Schule zieht. „Bei den Technikern gibt es ein eigenes Fach Industrie 4.0. In die Meisterausbildung ist das ebenso integriert. Es gibt Technikerarbeiten an der Anlage“, verdeutlicht der passionierte Pädagoge den Stellenwert im Dreiklang von Mechanik, Elektronik und Informationstechnologie. Als zukunftsorientiert bezeichnet er dieses Konzept seiner Schule, die sich in ihrer langen Tradition bei Schülern und Betrieben aus der Region einen hervorragenden Ruf als Ausbildungsstätte erworben habe.

 

Schlagzeuger in einer Band

Bleibt bei so viel schulischem Engagement für den verheirateten Familienvater von zwei Kindern auch noch Zeit neben den Schulleiteraufgaben, bei denen eine neue Maschinenhalle, das sicherheitsgeprägte Ersetzen von Dreh- und Fräsmaschinen sowie die Zertifizierung nach ISO 9001-2015 weitere Meilensteine in seiner Amtsperiode waren? Der Villinger verrät, dass er als Wuescht gerne an der Fasnacht teilnimmt und als Schlagzeuger in der Band „Riff“ für gute Töne sorgt. Auch auf dem Mountainbike fühlt sich Thomas Ettwein wohl.

 

Ein Artikel aus der Südwest Presse / Die Neckarquelle Villingen-Schwenningen vom 29. März 2021 (Seite 17). Copyright Hermann Kuhn GmbH & Co. KG 2021.