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Zum Greifen nah und doch so fern

Jana Schütz freut sich über das Projekt „ZiSch  --- Zeitung in der Schule“ und präsentiert ihr Exemplar des „Schwarzwälder Boten“
Jannik Bäurer sitzt an seinem Schreibtisch und ist bereit für den Fernunterricht.

Lockdown | Homeschooling in der Oberstufe an der Feintechnikschule / Im Präsenzunterricht motivierter


In diesen beispiellosen Zeiten verbringen Schüler ihren Unterricht überwiegend zuhause vor den Bildschirmen.

 

Von Florentine Moser und Jannik Bäurer

 

Villingen-Schwenningen. Gerade wird viel darüber diskutiert, wann und wie der Regelbetrieb an den Schulen in Baden- Württemberg wieder beginnen soll. Nicht nur Grundschüler sind stark davon betroffen, sondern auch über Oberstufen- und Abschlussklassen wird debattiert. Doch wie ist die Sicht der Schüler zu dieser Thematik? Wir besuchen die Gestaltungsklasse des Technischen Gymnasiums an der Feintechnikschule in Schwenningen. Um unsere Sicht als Abiturienten widerzuspiegeln, haben wir einige unserer Mitschüler interviewt und die Antworten zusammengefasst.

 

Was findest du positiv am Homeschooling in unserer Klasse?

Das Positivste am Homeschooling ist laut dem Großteil der befragten Schüler, dass wir nach Stundenplan Online-Unterricht haben und nicht nur zuhause Aufgaben bearbeiten müssen. Dadurch können wir trotz Distanz die zu erarbeitenden Themen gut verstehen. Die meisten Schüler arbeiten dabei gut mit und sind auch pünktlich online. Außerdem arbeiten wir mittlerweile oft in Kleingruppen. Dies ermöglicht uns einen Austausch mit unseren Mitschülern. Die Ergebnisse können wir danach über die Chatfunktion teilen. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass wir uns die Zeit selbst einteilen können, um Schul- und Projektaufgaben zu erledigen. Auch in unserem Hauptfach, Gestaltungs- und Medientechnik, funktioniert unser Unterricht sehr gut. Selbst erarbeitete Aufgaben werden vor der gesamten Klasse präsentiert, wodurch wir auch von den Arbeiten der Mitschüler lernen können. Alles in allem ist der Fernunterricht in unserer Klasse eine gute Kombination von Eigenarbeit und der Zeit, in der wir mit dem Lehrer Online-Unterricht haben.

 

Auf welche Hürden bist du während des Homeschoolings gestoßen?

Die Hürde, die der Mehrzahl am meisten abverlangt, ist die Motivation und Selbstdisziplin. Zuhause gibt es zahlreiche Dinge, die einen ablenken können. Trotzdem konzentriert an den Aufgaben und nach dem erstellten Zeitplan zu arbeiten, erfordert viel Disziplin. Eine weitere Hürde stellt für viele die Internetverbindung dar. Bei Ausfall des Internets verpassen Einzelne wichtige Themen, die sie sich dann selbst erarbeiten müssen. Außerdem haben wir festgestellt, dass es sehr viel mehr Überwindung kostet, bei Problemen nachzufragen, als im Präsenzunterricht. Ein weiteres Problem ist, dass die Lehrer einen schlechteren Überblick über die Lernprozesse der Schüler haben. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass manchmal zu viel oder zu wenig Zeit zur Verfügung steht, um Aufgaben fertigzustellen. Lange Zeiten vor dem Bildschirm reduzieren die Konzentrationsfähigkeit. Abschließend beobachten wir, dass das Fehlen von realen sozialen Kontakten die Psyche belastet.

 

Ist Online-Unterricht vergleichbar mit Präsenzunterricht?

Auf die Frage, ob Online-Unterricht vergleichbar mit Präsenzunterricht sei, haben die Schüler geteilte Meinungen. Der Großteil der befragten Schüler ist der Meinung, dass es auf jeden Fall diverse Unterschiede im Homeschooling gibt und es entscheidend ist, welche Bereiche des Unterrichts verglichen würden. Auch sei dies oft fächerspezifisch, denn jeder Lehrer gestaltet seinen Unterricht anders. Überwiegend meinen die Schüler, das Verständnis des Lehrstoffes sei annähernd so gut wie im Präsenzunterricht. Das Lernen im Präsenzunterricht sei aber einfacher, da dort die Möglichkeit bestünde, sich mit anderen Mitschülern über den Lernstoff auszutauschen. Teilweise sei das Lernpensum im Online-Unterricht erhöht, was natürlich bedeute, mehr Aufgaben erledigen zu müssen. Allerdings bringe dies eine noch bessere Vorbereitung auf das Abitur mit sich...
»Ich finde, dass das Lernen im Präsenzunterricht einfacher ist. Ich habe aber das Gefühl, dass wir teilweise mehr Stoff im Online-Unterricht durchbekommen.« (Sophia Blank, Schülerin TG2G) Alle befragten Schüler betonen, ihnen fehle die Gemeinschaft und Kommunikation mit ihren Mitschülern. Allerdings finden sie es gut, dass es die Möglichkeit gibt, im Fernunterricht in verschieden »Gruppenräumen« Gruppenarbeit durchzuführen. Somit können sich die Schüler untereinander austauschen und auf diesem Weg interagieren. Bei Gruppenarbeiten sind sich die Schüler zum Greifen nah und doch so fern.

 

Wie beeinflusst der Lockdown die Abiturvorbereitung bei den Oberstufenschülern?

Während des Lockdowns – oder während des »Großen Stubenhockens«, wie unser Deutschlehrer gerne sagt, – läuft die Vorbereitung auf das schriftliche Abitur bei den Schülern bereits auf Hochtouren. Nicht nur im Online-Unterricht werden Aufgaben bearbeitet, sondern auch nach Schulende werden Übungsaufgaben in den Hauptfächern erledigt. Einige Schüler sehen kein Problem darin, sich größtenteils selbstständig zuhause auf das Abitur vorzubereiten, wie Vivienne Jester meint: »Die Abiturvorbereitung mit Übungsaufgaben kommt mir von zuhause aus sogar etwas einfacher vor. Wir haben mehr Möglichkeiten, uns alles selbst einzuteilen. Allerdings fehlt bei manchen Themen noch der Lernstoff oder es sind Fragen offen.«
»Abiturvorbereitung kann bei Selbstdisziplin gut von zu Hause funktionieren und ich bin vielleicht sogar entspannter, da man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann.« (Anabelle Schneider,Schülerin TG2G)
Einzelne Schüler stellen aber auch fest, dass es für sie einfacher ist, in der Schule zu lernen. Sie sind überzeugt davon, dass sie in der Schule motivierter sind. Sie sehen die Schule als einen Ort des Lernens. »Zuhause gibt es immer wieder Ablenkungen und ich muss mich immer wieder daran erinnern, etwas für die Schule zu tun.« (Annamaria Seng, Schülerin TG2G)
Zusammenfassend haben wir festgestellt, dass Homeschooling für uns auch viele positive Aspekte hat. Wir lernen durch den Unterricht zuhause Selbstdisziplin, Organisationsfähigkeit, Flexibilität und Selbstverantwortung. Dies bereitet uns gut auf die Zeit des Studiums und der Ausbildung, aber auch auf den späteren Berufsalltag vor.

Erfahrungen, die wir im Homeschooling machen, werden uns helfen, zukünftige Hürden zu überwinden. Wir als Abschlussschüler sind über diese vielfältigen Erfahrungen froh – wenn diese ewige Stubenhockerei auch immer wieder recht anstrengend war und sein wird.

 

Die Autoren sind Schüler der Klasse 13 des Technischen Gymnasiums in Villingen-Schwenningen, Profil Gestaltungs- und Medientechnik. Foto und Artikel entstanden im Rahmen des Projektes „ZiSch – Zeitung in der Schule“ des „Schwarzwälder Boten“.