Berufliche Gymnasien stellen sich im Landratsamt vor
Das Thema „Elektromobilität“ wurde in der Feintechnikschule erneut aufgegriffen. Nach einem Beitrag im März von Dr. Corrado Nizzola, Daimler AG, bei dem vor allem die Motoren im Mittelpunkt standen, sorgte der Vortrag mit dem Titel „Amperestunden statt Benzinkanister“ wieder für eine „volle Hütte“. Den treffenden Titel hatte der Organisator der Vortrags-Reihe, der Abteilungsleiter Paul –Thomas Weich, formuliert.
Schulleiter Thomas Ettwein dankte in seiner Begrüßung Paul –Thomas Weich für den anschaulichen Titel und dankte dem Referenten dafür, dass er so kurz nach seiner Elternzeit die Reise nach Schwenningen auf sich genommen habe. Durch einige Fakten und Fragen zog er rasch den Vorhang nach oben. In Tokio zuckeln Autos und Busse durchschnittlich mit 15 Kilometern pro Stunde durch die Stadt, im Durchschnitt langsamer als Fahrräder. Was der Schwenninger nur erlebt, wenn er nach Stuttgart fährt, gehört nicht nur für den japanischen Großstädter zum täglichen Brot: Man sitzt im Auto, der Motor läuft, man trägt zum Feinstaub bei – und bewegt sich keinen Zentimeter und schimpft auf den Stau. Wie schafft man es, Verkehr zu verflüssigen, zu verlagern, zu vermeiden?
An den vom Hausherrn dargebotenen Faden knüpfte Dr. Peter Kohn, angestellt bei Bosch in Stuttgart, direkt an, indem er eine Übersicht bot über die grundlegendsten Fakten, Zusammenhänge, Probleme und Zukunftsversprechungen der Elektromobilität. Der energischste Vorreiter ist ein Land mit den größten Umweltproblemen: China. Trotz respektabler Bemühungen müssten aber auch Europa und Nordamerika weiter an sich arbeiten, um die Endkunden für ihre Produkte zu begeistern. Eine wesentliche Rolle spielt die staatliche Förderung durch Umweltauflagen, Subventionen für Firmen und Produkte sowie durch Steuern. Oder sogar durch Gesetze, die Ziele vorgeben. So fordert die britische Regierung die Umstellung auf reine Elektromobilität bis zum Jahr 2040. Zero-Emissions, Null-Emissionen, sind also nicht nur das Ziel von ehrgeizigen Firmen wie Bosch, sondern auch von staatlicher Seite. Die Verkehr-Wende wird nur möglich sein, wenn eine Energie-Wende gelingt. Schätzungsweise wird der Bedarf an elektrischer Energie bis 2025 auf das Fünfzehn- bis Zwanzigfache steigen. Und das bei einem Anteil von lediglich 20% elektrifizierter Autos. Darunter wären auch recht viele Hybride, bei denen immer noch ein Verbrennungsmotor mitwirkt…
Neben den Aspekten Sicherheit, Reichweite, Zuverlässigkeit, Kosten, Ladezeiten ging der Referent besonders ein auf die Möglichkeiten, elektrische Energie im Auto zu speichern. Oder: Was sind gute Kanister für Elektronen? Kurz gesagt: Das ist technologisch sehr viel anspruchsvoller, als Kanister für Benzin zu entwickeln. Da ist noch sehr viel Entwicklungsbedarf vorhanden, und zwar im Hinblick auf alle Aspekte. Allein die Frage, welche Materialien man in Batterien für die Kathode und Anode kombiniert, wird noch Thema zahlloser Doktorarbeiten sein und füllte einige Folien.
Wie Peter Kohn zu Anfang und Ende formulierte: Elektromobilität ist Zukunft; zumindest sofern die von ihm angesprochene und vorgelebte „Leidenschaft für Technologie“ bei ausreichend vielen Menschen entfesselt werden kann. „Sie wird kommen, wie der Ketchup aus der Flasche, man weiß aber nicht genau wann und wieviel“, griff Dr. Kohn ein Zitat seines Vorredners in der Vortragsreihe auf.
Nach einer höchst lebhaften Fragerunde dankte der Hausherr dem aus Stuttgart angereisten Experten Dr. Kohn für einen interessanten Vortrag und lud alle zu vertiefenden Gesprächen bei Wein, Bier, Mineralwasser und Partygebäck ein. Die Einladung wurde gern angenommen.
(Der Artikel wurde verfasst von Robin Menius und Martin Müller, Schüler in einer Technikerklasse der Feintechnikschule)
Oktober 2017