Berufliche Gymnasien stellen sich im Landratsamt vor
Wieder einmal hatte der Organisator der Vortrags-Reihe, der Abteilungsleiter Paul Weich, Grund, zumindest ein bisschen stolz zu sein: Der Andrang war so groß, dass noch Stühle dazugestellt werden mussten.
Wie Schulleiter Thomas Ettwein in seiner Begrüßung ausführte, ist das Thema Elektromobilität in unserer Region von besonderem Interesse; besteht die ortsansässige Industrie doch etwa zur Hälfte aus Zulieferfirmen für die Automobilbranche.
Mit den Trends, auch technischen, ist es wie mit der Ketchupflasche. Man dreht sie um, schlägt sogar kräftig drauf… und…: es tut sich nur wenig. Doch auf einmal, da schwappt es heraus, oft mehr als einem lieb ist.
Der Referent Dr. Corrado Nizzola, Chefentwickler Elektromobilität bei Daimler, illustrierte einen Trend, der sich innerhalb eines guten halben Jahrzehnts mit dem Ketchup-Fließen in der besonders mobilen Phase vergleichen lässt, anhand zweier Fotos: Die Menschenmenge, die auf dem Petersplatz auf den neuen Papst wartete, unterschied sich bei Benedikt XVI. kaum von der bei Franziskus – kaum, bis auf die Tatsache, dass vor drei Jahren fast alle Hände ein Smartphone oder Tablet hielten, aus der Abendstimmung wurde ein Lichtermeer von leuchtenden Displays.
Die Aufgabe der Automobilindustrie beschrieb Nizzola mit den Worten: „Den Trend aktiv mitgestalten und nicht passiv miterleben.“ Bei der Entwicklung der Elektromobilität sind vor allem die vier „Mega-Trends“ zu berücksichtigen: Urbanisierung (zunehmende Bevölkerungsdichte), Individualisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wie sowohl der Vortrag als auch die Fragen danach belegten – etwa „Was geschieht mit den gebrauchten Batterien?“ – muss insbesondere die Nachhaltigkeit gründlich bedacht werden.
Die Ansprüche an die zukünftigen Motoren sind hoch: Kosten, Leistung, Akustik, Effizienz und Variabilität sollen stimmen. Im Vergleich zum Verbrennungsmotor sind natürlich einige Wünsche noch offen, doch wies der Referent darauf hin, dass man nicht zu streng das Kind mit dem Urgroßvater vergleichen solle. Ernsthafte Forschung an Elektromotoren für Autos gibt es erst seit zehn Jahren, während der Verbrennungsmotor seit 130 Jahren optimiert wird. Die Formel 1 spielt eine Vorreiter-Rolle wie immer: Was heute noch unbezahlbare Einzelstücke in elektrischen Rennwagen sind, soll dereinst in Serie gehen. Man rechnet damit, dass in einigen Jahren der Marktanteil bereits 15 Prozent betragen wird. Die Erfolge beim Rückgewinnen der Bremsenergie, bei Schnellladesystemen und Zwei-bis-drei-Gang-Motoren werden beim Verwirklichen dieser Prognose helfen.
Natürlich werden Arbeitsplätze im Bereich Verbrennungsmotor verschwinden – doch wenn man sich von dem „Ketchup-Schwall“ nicht zu sehr überraschen lässt, werden sich – davon ist Dr. Corrado Nizzola – im Bereich Elektromobilität genauso viele neue Arbeitsplätze schaffen lassen.
Nach einer Fragerunde dankte der Hausherr dem Vortragenden für einen inhaltsreichen Vortrag und lud die Anwesenden zu vertiefenden Gesprächen bei Wein, Mineralwasser und Partygebäck ein.
(Der Artikel wurde verfasst von Konstantin Eichmann und Marc Köser, Schüler in einer Technikerklasse der Feintechnikschule)
Bild: Paul Weich
März 2017