Berufliche Gymnasien stellen sich im Landratsamt vor
„Sie, die Schüler der FTS, können, wenn Sie wollen, vieles erreichen. Aber in der DDR galt: Wer wollte, durfte nicht immer“, so schilderte Winfried Lütgens die Ausbildungs- und Berufssituation in der DDR. Weil sein Vater zur „Intelligenz“ gehörte, durfte Lütgens trotz guter Noten im „Arbeiter- und Bauernstaat“ kein Abitur machen, absolvierte eine Lehre und erst nach einem dreijährigen Dienst in der Armee erlaubte man ihm eine Art FH-Studium. Lütgens musste sich notgedrungen arrangieren, um beruflich eine Chance zu erhalten. Er wurde schließlich dann doch SED-Mitglied. Das System war von Bespitzelung durchdrungen, die gesamte Wohnung verwanzt. Keiner traute dem anderen, ein ehemaliger Freund entpuppte sich als IM der Stasi und brachte sich nach der Maueröffnung um.
Nicht alles sei aber schlecht gewesen in der DDR, man wohnte in der Stadt auf 100 qm für 68,- Ostmark im Monat, es gab für jeden eine Arbeitsstelle und genug zu essen. Die Mangelwirtschaft war jedoch evident, die unter dem Ladentisch gehandelten und als „Bück-Dich-Ware“ bezeichneten Lebensmittel, wie z.B. Rindfleisch waren oft nur gegen Westgeld erhältlich. Seine Tochter meldete Lütgens schon kurz nach der Geburt als Interessentin für einen Trabant an. Bei den Montagsdemonstrationen waren die Stasi und das Gefühl der Angst stets unangenehme Begleiter. Der 09.11.1989 änderte dann auf einen Schlag alles. 10 km Schlange vor der Grenze in den Westen erlebte Lütgens am Tag danach, für ihn war aber klar, dass manche Illusionen der DDR-Bürger vom „Wohlstand ohne viel Arbeit“ schon bald enden würden. Jetzt konnte man erreichen, was man wollte, aber man musste eben dafür etwas leisten.
„Es berührt einen noch heute, wenn man an diese Zeiten denkt“, fasste Lütgens seinen 45 Minuten-Vortrag zusammen, der von den sehr interessierten Schülern der 3 BFU3 durch viele Fragen zum Schulwesen, der medizinischen Versorgung, der Stasi, den Inhaftierungen u.v.m. ergänzt wurde.