Berufliche Gymnasien stellen sich im Landratsamt vor
"Dokumentation einer regionalen Kultur und Aufrechterhaltung ihres Wissens am Beispiel der Halskrause des ›Schwenninger Hansels‹": Diesen etwas sperrigen Namen erhielt das umfangreiche Opus der beiden Freundinnen, die gemeinsam den Kurszweig Gestaltungs- und Medientechnik am Technischen Gymnasium in Schwenningen besuchen.
Viel Zeit in die Dokumentation über den Hansel investiert
Die Seminararbeit, die im vergangen Schuljahr entstanden ist, ersetzt somit eine schriftliche oder mündliche Prüfung im Abitur. Dieses steht den Schülerinnen im Frühjahr noch bevor. Zwei Stunden am Donnerstagnachmittag – das war stets der fixe Termin, den Sophia Schwörer und Kerstin Hakenjos gemeinsam mit ihrem betreuenden Lehrer für die Erstellung ihrer Dokumentation eingeplant hatten. Doch dabei blieb es natürlich nicht: In mühevoller Arbeit, aber mit viel Spaß bei der Sache, mussten sie so manche freie Minute ihrer Freizeit opfern, um alle Facetten der Seminararbeit ausarbeiten zu können. "Ich saß oftmals nächtelang an dem Projekt, fast das ganze Jahr lang. Nicht nur einmal habe ich mit der Anleitung zum Rüschenlegen neu begonnen, weil es mir so nicht gefiel", sagt die 18-jährige Sophia Schwörer.
Rüschenlegen steht im Mittelpunkt der 44-seitigen Arbeit
Die Anleitung zum Rüschenlegen für den Schwenninger Hansel steht im Fokus der 44 Seiten langen Arbeit. So ist zusätzlich ein kleines Heftchen entstanden, in dem die einzelnen Schritte zur Fertigung des Hansel-Kragens – mit Zeichnungen anschaulich illustriert – aufgezählt sind. Und diese Anleitung kann die Schwenninger Narrenzunft jetzt sogar für ihre Rüschenlege-Kurse, die in der Fastnachtszeit während des Hanselhocks stattfinden, selber nutzen.
Denn: Das Rüschenlegen ist eine Kunst für sich, wie die "Expertin" Kerstin Hakenjos, die das Handwerk von ihrer Mutter gelernt hat, weiß: "Es ist eine sehr komplexe Arbeit, die erst durch mehrmaliges ›Learning-by-doing‹ gelingt." Nach dem Waschen und Stärken wird der über sieben Meter lange Stoff in die Plissiermaschine gelegt, um die Falten hineinzudrücken. Der nächste Arbeitsschritt erfolgt im Legebrett, in dem ein Bändel in den Stoff eingenäht wird. Für die Fertigstellung der Rüsche wird der gefaltete und genähte Stoff schließlich zu "Tüten" zusammenlegt.
Zusätzliche Bestandteile der umfangreichen Seminararbeit: ein Exposé, eine Einführung in die Schwenninger Fastnacht und in die Tradition des Schwenninger Hansels. Dabei machen Hakenjos und Schwörer auch die internationale Bedeutung der Halskrause in der spanischen und italienischen Volkstracht deutlich.
Dem nicht genug: Ein Video, das die jungen Frauen in Stop-motion-Technik gedreht und in die abschließende Unterrichts-Präsentation miteingebaut haben, soll in witziger Weise zum Hanselhäs-Anziehen anleiten. Ein Werbespot zur Rüschentragetasche komplettiert das Projekt, das die Schülerinnen als TV-Show am Ende des vergangenen Schuljahres ihrem Kurs sowie mehreren interessierten Lehrern vorgestellt haben.
Die Reaktion: "Die Lehrer waren sehr angetan von unserer Dokumentation und haben sie mit der bestmöglichen Note bewertet, manch ein Schüler konnte aber – wie wir zunächst auch – nicht soviel mit dem Thema Fasnet anfangen", erzählt die 19-jährige Kerstin Hakenjos.
Trotzdem oder gerade deswegen: Beide Schülerinnen sind froh, dieses Projekt realisiert zu haben: "Es war unser primäres Anliegen, ein Stück Kulturgut weiterzutragen, das oft durch den heutigen Zeitgeist unterdrückt wird", meint Sophia Schwörer. Und ihre Freundin fügt hinzu: "Ich finde es toll, etwas Regionalbezogenes auf die Beine gestellt zu haben, das erstaunlich vielseitig geworden ist und wovon man auch tatsächlichen Nutzen ziehen kann.
Quelle: http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.villingen-schwenningen-das-rueschenlegen-ist-eine-kunst-fuer-sich.31eb1b59-2131-4edf-aa35-3921a5a725d4.html (Link funktioniert nicht mehr)