Messeuhr wird bald wieder richtig ticken

FTS repariert Uhr

Jeder, der am Messegelände nach Schwenningen hineinfährt, sieht sie: die beiden Uhren am Messeturm, deren Zeiger schon seit einigen Jahren nicht mehr funktionieren. Doch das wird sich bald ändern: Seit Ende Juli sind Lehrer und Schüler der Feintechnikschule dabei, das Uhrwerk zu reparieren – mit Erfolg.

Es ist ein ambitioniertes Projekt und das Zusammenspiel  mehrerer Abteilungen sowie mehrerer schlauer Köpfe: die Reparatur der Messeuhr, die seit Anfang der Sommerferien die Feintechnikschule beschäftigt. Die Verantwortlichen der Schwenninger Schule, die Berufsaus- und -weiterbildung in Feintechnik, Elektromechanik und Uhrmacherei anbietet, sind erfreut und auch ein bisschen stolz, dass die Stadt Villingen-Schwenningen gerade bei der Feintechnikschule angefragt hätte, erzählt Uhrmacherlehrer Alexander Loga.
Der Grund: An zwei – von insgesamt drei – Uhren, die den Messeturm zieren, funktioniert schon seit einigen Jahren das Uhrwerk nicht mehr, die Zeiger stehen auf kurz vor zwölf.

Nicht alltägliche Dimensionen

Dennoch habe man nicht direkt zusagen können, wie Loga erläutert. „Diese Dimensionen sind für uns eigentlich nicht alltäglich.“ Und Schulleiter Thomas Ettwein betont, dass die Schule eigentlich keine Reparaturwerkstatt sei. Dennoch sei man der Stadt sehr verbunden.
Im Juli ist das Uhrwerk mitsamt der Zeiger mithilfe der Feuerwehr und Servicetechnikern der Abteilung Verkehrs- und Systemtechnik des Grünflächen- und Tiefbauamtes demontiert und zur Feintechnikschule gebracht worden. Alexander Loga und Rolf Herrmann, beide Uhrmacher-Lehrer, haben daraufhin das Uhrwerk auf Fehler untersucht und sind schnell fündig geworden, wie sie berichten.

Ein kaputtes Zahnrad

Der Hauptfehler: ein kaputtes Zahnrad, dessen Zähne ausgebrochen sind – die Ursache dafür aber unbekannt. So sei schnell klar gewesen, dass für ein neues Zahnrad eine spezielle Platte angefertigt werden muss, erklärt Alexander Loga weiter. Die rein mechanische Komponente sei dabei kein Problem gewesen, jedoch die elektronische. Nach intensiver Prüfung habe man von den Elektronikern grünes Licht bekommen und sich an die Reparatur gewagt.

Projekt wird in Unterricht integriert

Doch diese sollte keinesfalls ausschließlich in reiner Lehrerhand bleiben. Alexander Loga und Rolf Hermann haben bereits in den Sommerferien eifrig überlegt, wie sie das Projekt koordinieren, welche Schüler, aber auch welche Maschinen sie zurande ziehen sollen. Beteiligt sind hauptsächlich die Schüler im zweiten und dritten Lehrjahr des Werkstattunterrichts „Berufspraxis über die Uhrentechnik“.  Wie funktioniert die Uhr? Was muss ein Uhrmacher an einer Uhr reparieren können? Das alles seien Fragen, die im Unterricht thematisiert werden.
In ihn integriert wird auch das Messeuhr-Projekt, wenngleich nicht tagtäglich daran gearbeitet werden kann. Für die Vor- und Nachbereitung sind dann wiederum die beiden Lehrer zuständig, die von Anfang an mit Feuer und Flamme beim Projekt dabei sind und daher Überstunden in Kauf nehmen.
Das Reparatur-Prozedere ist folgendes, wie Rolf Hermann erzählt: Vom neu zu bauenden Zahnrad hat ein Schüler zunächst eine Zeichnung erstellt, die dann am CAD-Computer nachkonstruiert wurde. Daraus entstanden ist ein wind- und wetterfester Rohling, der an einer Maschine gefertigt worden  ist – sogar an einer Räderfräsmaschine von 1956. „Auch wenn es natürlich an einer aktuellen Maschine ebenso funktioniert hätte, sind wir froh, dass es über die alte Maschine geklappt hat“, betont Alexander Loga.

Auch Zeiger wird repariert

Nicht nur für das Uhrwerk, auch für einen kaputten Zeiger hat die Feintechnikschule ihre Zusage erteilt – wiederum ein Part der Feinwerkmechanik-Abteilung, deren Schüler- und Lehrer-Experten eine neue Aufhängung konstruieren müssen. Doch für das Erstellen eines neuen Zeigers habe man sich zusätzliche Hilfe von der Schwenninger Metallbaufirma Fromm geholt. Zusammenarbeit ist im Übrigen etwas, das beim Messeuhr-Projekt unentbehrlich ist. „Alle Abteilungen sind daran beteiligt“, zeigt sich Schulleiter Thomas Ettwein angetan vom Zusammenspiel von Uhrmachern, Feinwerkmechanikern sowie Elektronikern.
Wenn alle Fehler behoben und die Reparatur vollständig abgeschlossen  sein wird, werde das Uhrwerk gereinigt, dann probeweise in Gang gesetzt, erklärt Rolf  Hermann das weitere Vorgehen.
In den Werkstatträumen der Feintechnikschule müsse man dafür ein Schaltwerk simulieren – das eigentliche Schaltwerk funktioniere nur am Messeturm selber, habe man von der Stadt Rückmeldung bekommen. Mit dieser – allen voran mit dem  Grünflächen- und Tiefbauamt – , sei man in regelmäßigem Kontakt.

Zweite Uhr auch betroffen

Doch fertig sind die zuständigen Lehrer und Schüler der Feintechnikschule nach der Funktionsüberprüfung immer noch nicht: Dann nämlich kommt die zweite kaputte Messeuhr unter die Lupe und wird nach dem gleichen Prozedere repariert. „Es wird also noch ein paar Wochen dauern, bis beide Schaltwerke wieder funktionieren“, blickt Alexander Loga voraus.
Dann wird die Feintechnikschule die Schaltwerke samt neuer Zeiger wieder an die Stadt übergeben. Dabei sein, wenn der große Moment gekommen ist, die Schaltwerke zurück in den Messeturm eingebaut und die Uhren endlich wieder richtig ticken, wollen Alexander Loga und Rolf Hermann aber auf jeden Fall.

Zur Historie
Der Messeturm mit Uhr

Der ursprüngliche Turm am Schwenninger Messegelände, der in Holzbauweise ausgeführt war und ebenfalls eine Uhr oben an der Fassade montiert hatte, wurde im Juni 1977 abgerissen, wie aus Unterlagen des Stadtarchivs hervorgeht. Der Gemeinderat hatte zuvor dem Gesamtausbauplan für das Messegelände im Frühjahr 1976 zugestimmt. Teil des Ausbauplans war die Erneuerung des Haupteingangs und die Ersetzung des alten Messeturms. Das Hochbauamt der Stadtverwaltung VS beauftragte daraufhin die Firma Mero-Raumstruktur aus Würzburg mit der Erstellung eines neuen, 20 Meter hohen Werbeturms. Dieser wurde im Frühjahr 1978 errichtet und war im Mai desselben Jahres fertiggestellt.
Anfänglich war auf dem Turm keine Uhr angebracht, die ursprünglichen Planungen sahen keine vor. Es gab allerdings frühzeitige Nachfragen im Gemeinderat, schließlich diene eine Uhr auch der Außendarstellung einer Industriestadt. Der damalige Oberbürgermeister Gerhard Gebauer äußerte in der Sitzung des Technischen Ausschusses im April 1979, dass entsprechende Mittel, an denen es zunächst gemangelt hätte, inzwischen bereitgestellt seien. Es wurde zudem der Auftrag erteilt, dass die Uhr rechtzeitig zur Südwest-Messe 1979 eingebaut werde. Dabei handelt es sich um eine Uhrenanlage der Firma Bürk.

Mit freundlicher Genehmigung von Schwarzwälder Bote (Paywall), Mareike Kratt

Messeuhr. Foto: Mareike Kratt
Die Schüler des zweiten Lehrjahres der Uhrmacherschule der Schwenninger Feintechnikschule mit ihren Lehrern (von links) Rolf Hermann und Alexander Loga. Foto: Mareike Kratt
Fineas Dilger, Uhrmacherschüler im zweiten Lehrjahr an der Feintechnikschule Schwenningen, demonstriert, wie die Räderfräsmaschine aus dem Jahr 1956 funktioniert. Foto: Mareike Kratt
Uhrmacherschüler und -lehrer tüfteln eifrig am neuen Uhrwerk der Schwenninger Messeuhr. Foto: Mareike Kratt
Stecken viel Zeit und Muße in das Messeuhr-Projekt (von links): Thomas Ettwein, Leiter der Feintechnikschule, sowie die Uhrmacherlehrer Rolf Hermann und Alexander Loga. Foto: Mareike Kratt