Berufliche Gymnasien stellen sich im Landratsamt vor
Schwenningen. Dr. Annemarie Conradt-Mach geht nach 40 Jahren an der Feintechnikschule in den Ruhestand. 40 Jahre lang hat sie an der Staatlichen Feintechnikschule unterrichtet, davon über zehn als Schulleiterin. Am 11. Juli wird Dr. Annemarie Conradt- Mach in den Ruhestand verabschiedet. Sie scheidet dankbar – mit neuen Plänen für ihr „Leben nach der Schule“.
Wenn man mit ihr plaudert – über Schule und Schüler, über Industriege-schichte, über Kunst und Kultur – dann wird recht rasch offensichtlich: Dr. Annemarie Con-radt- Mach ist Pädagogin und Wissenschaftlerin aus Leidenschaft und Überzeugung. Eine Frau, die es versteht, zu motivieren und zu begeistern und die dabei an sich selbst höchste Ansprüche stellt. Die konstruktive Auseinandersetzung mit Lehrern und Schülern war für sie denn immer ein „zentrales Lebenselement“ sagt Conradt-Mach, die heuer auf vier Jahrzehnte Schuldienst zurückblicken kann: „Es waren wunderbare Jahre, in denen viel bewegt werden konnte.“ Schon von Anfang an stand für sie fest, dass sie sich nach dem Geschichts- und Germanistikstudium in Stuttgart, Erlangen, Nürnberg und Freiburg an einer beruflichen Schule engagieren möchte. Hier sind die Schüler bereits älter – zwischen 16 und 40 – und das kommt den Intentionen der promovierten Wirtschafts- und Sozialhistorikerin ideal entgegen, schließlich möchte sie sich nicht nur im Kollegium, sondern auch mit ihren Schülern „interes-sant und vernünftig“ unterhalten können.
Im Jahr 2000 wurde Conradt-Mach stellvertretende Schulleiterin, nur kurze Zeit später, 2002, übernahm sie schließlich die Leitung der traditionsreichen Feintechnikschule, die gleich meh-rere Schultypen unter ihrem Dach vereinigt: Berufsfachschule, Berufskolleg, Techniker- und Meisterschule sowie Technisches Gymnasium. Mit ihrer Ernennung wurde Dr. Conradt-Mach Nachfolgerin von Werner Bogenschütz, der sie „enorm gefördert hat“, wie sie hervorhebt. Um für die neuen Herausforderungen als Rektorin optimal gerüstet zu sein, drückte die Pädagogin selbst noch mal die Schulbank und belegte an der Fernuniversität Kaiserslautern das Fach „Schulmanagement“, das sie erfolgreich mit dem Mastergrad abschloss.
Für den einen oder anderen Kollegen sei es sicher ein wenig „gewöhnungsbedürftig“ gewesen, dass eine Geisteswissenschaftlerin eine Technische Schule leitet, räumt Dr. Conradt-Mach unumwunden ein, aber „es wurde akzeptiert“. Im Laufe der Jahre habe sie schließlich erkannt, dass sie als Schulleiterin „dort angekommen sei, wo „ich eigentlich ein Leben lang hin wollte.“ Ganz sicher sei es ein zentraler „Sinn“ ihres Lebens gewesen, gestaltend und kreativ daran mitzuwirken, junge Menschen auf zukunftsfähige Berufe vorzubereiten, die eine sichere Existenz versprechen. Und das hat sie zwar voll und ganz gefordert, sie hat sich aber mit Freude und Überzeugung eingebracht: „Elf Jahre Schulleiterin, da ist man fast schon mit seiner Schule verheiratet“, gesteht sie schmunzelnd und ergänzt: „Wenn ich mich mit etwas beschäftige, dann will ich das voll und ganz tun, ich möchte verändern und gestalten.“
Und das hat Annemarie Conradt- Mach in der Tat getan – als Mensch, als Lehrerin, als Schul-leiterin. Unter ihrer Führung ist die Feintechnikschule größer geworden, ein moderner Anbau wurde geschaffen, zahlreiche Neuerungen wurden auf den Weg gebracht, um mit den ständi-gen Weiterentwicklungen in den Unternehmen standhalten zu können. Der Kontakt zu Firmen und Unternehmern war ihr dabei immer ein besonderes Anliegen: Gespräche und Gedanken-austausch waren „eine Bereicherung für mich“, hebt die Rektorin hervor.
Am 11. Juli wird Dr. Annemarie Conradt-Mach feierlich verabschiedet, am 17. ist es dann genau 40 Jahre her, dass die Karriere der gebürtigen Stuttgarterin an der Staatlichen Feintech-nikschule in Schwenningen begonnen hat. Während all dieser Jahre hat sie so manches Hoch und Tief an ihrer Schule erlebt, aber auch im eigenen Leben: so 1995, als ihr Mann Uwe Con-radt starb, gleichfalls Pädagoge, leidenschaftlicher Kunsthistoriker und viele Jahre kulturjour-nalistisch für DIE NECKARQUELLE engagiert. Sie hatten die gleichen Interessen, zusam-men haben sie viel bewegt.
Was sie ihrem Nachfolger wünscht? „Überzeugungskraft. Er sollte eigene Visionen und Ziele haben und Respekt vor seinen Mitmenschen, er sollte seinen eigenen Standpunkt aber auch überdenken können“, betont Dr. Conradt-Mach: „Bei Bedarf muss er flexibel sein, er sollte aber auch einige unveräußerliche Überzeugungen vertreten“. Dr. Annemarie Conradt-Mach verlässt die Feintechnikschule nicht in Wehmut, sondern dankbar. Ihr eigenes Leben jenseits der Pädagogik sieht sie wieder ganz im Dienste der Wissenschaft. Hat sie in früheren Jahren schon zahlreiche Bücher und Essays über die heimische Wirtschaftsund Sozialgeschichte und die Menschen dieser Region veröffentlicht, so möchte sie sich nach ihrer Pensionierung mit voller Kraft einem Buch widmen, in dem sie sich mit dem Niedergang der heimischen Uhren-industrie und den damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen befasst – bis zur Ge-genwart, die wieder von einem soliden Wirtschaftsleben geprägt ist. „Wie hat es die Region geschafft, aus dem Tal herauszukommen?“, lautet eine ihrer zentralen Fragen. „Die Kraft und das Wissen der Menschen haben sicherlich wesentlich dazu beigetragen“, ist sich die Histori-kerin schon jetzt ganz sicher: „Ich habe großen Respekt vor dieser Region.“
Ein Artikel aus der Südwest Presse / Die Neckarquelle vom 06. Juli 2013 (Seite 24). Copyright Hermann Kuhn GmbH & Co. KG 2013.